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"Volga ist derart standfest in ihren Überzeugungen, dass sie natürlich die Menschen anzieht"

  • Autorenbild: Salidarnast Belarus
    Salidarnast Belarus
  • 5. Nov.
  • 3 Min. Lesezeit

Heute (4. November) begeht Volga Brytsikava, die ehemalige Vorsitzende der Basisorganisation der Belarussischen Unabhängigen Gewerkschaft (BNP) beim Unternehmen Naftan, ein weiteres Mal ihren Geburtstag in Gefangenschaft.


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Volha ist im August 2023 festgenommen worden. Später wurde sie nach Paragraph 130 des belarussischen Strafgesetzbuches verurteilt [Volksverhetzung aufgrund rassischer, nationaler, religiöser oder anderer sozialer Merkmale oder Anfeindung – Salidarnast]. Volha Britsikava wurde zu drei Jahren Freiheitsentzug verurteilt und in das Register der Personen eingetragen, die „sich an extremistischen Aktivitäten beteiligen“.


Im August 2024 wurde Volha nach weiteren Paragraphen und zu drei zusätzlichen Jahren Strafkolonie verurteilt. Nach einem Berufungsverfahren wurde die zweite Strafe auf ein Jahr reduziert. Im Januar 2025 setzte der KGB sie auf die „Terroristen-Liste“.


„Volha wollte immer Gerechtigkeit und Rechtmäßigkeit“, sagen diejenigen, die Britsikava gut kennen. Das war dann auch der Grund, warum sie sich im August 2020 mit der Unternehmungsleitung von Naftan traf und die Forderungen der Mitarbeiter:innen an die Unternehmensverwaltung und die Regierung übermittelte: Ende der Gewalt durch die Sicherheitskräfte, Rücktritt von Aljaksandr Lukaschenka und der Vorsitzenden der Zentralen Wahlkommission, Lidsija Jarmoschyna.


Danach nahm Volha an einer spontanen Demonstration der Arbeiter*innen vor dem Gebäude der Fabrikleitung teil. Damals blieb sie noch in Freiheit und meinte in einem Interview gegenüber Salidarnast, sie bedauere diesen Schritt keineswegs, und auch nicht, dass sie aus der offiziellen Gewerkschaft bei Naftan ausgetreten war, bei der sie – wie viele andere – die Mitgliedschaft als absolute Formalität betrachtete. Einige Monate später verlor Volha ihren Arbeitsplatz.


Ehemalige Kolleg*innen sagen, das Britsikava bei Naftan eine gute Stelle hatte und gut verdiente; sie hätte ein ruhiges und abgesichertes Leben haben können. Sie fand jedoch, dass sie den Menschen helfen und das Leben in ihrer Heimat zum Besseren verändern müsse. Als klar wurde, dass Volha Britsikava verhaftet werden könnte, lehnte sie es ab, Belarus zu verlassen.


Der geschäftsführende Vorsitzende des Belarussischen Kongresses Demokratischer Gewerkschaften (BKDP), Maksim Pazniakoŭ, hob gegenüber Salidarnast hervor, dass Volha viele Arbeiter*innen von Naftan dazu inspiriert habe, ihren Standpunkt zu äußern und in eine unabhängige Gewerkschaft einzutreten.


„Sie verstand, dass ein Zusammenschluss zu einer unabhängigen Gewerkschaft der einzige Weg ist, rechtmäßig und gemeinsam seine Rechte im Unternehmen zu vertreten, auch bürgerliche Rechte. Es sei unmöglich, das eine vom anderen zu trennen, da die Mitarbeiter*innen beispielsweise als Fälscher in den Wahlkommissionen eingesetzt werden – schließlich ist das ganze System des Staates ist auf solchen Methoden aufgebaut.

Volha meinte, die Mitarbeit in unabhängigen Gewerkschaften wäre eine rechtmäßige Art des Kampfes, wenn sich nämlich Menschen zusammenschließen, Entscheidungen selbst treffen und diese dann selbst umsetzen. Deshalb auch wurde sie zur Gewerkschaftsführerin gewählt – die Menschen glaubten ihr einfach. Das waren wohl die transparentesten und demokratischsten Wahlen, die ich je gesehen habe: Es gab mehrere Kandidat*innen, in einem offenen, fairen Wettstreit der Programme. Sie ist derart standfest in ihren Überzeugungen, dass sie natürlich die Menschen anzieht.


Ich denke, die Gefängnisstrafe für Volha ist eine persönliche Rache des KGB-Vorsitzenden Iwan Tertel, den sie bei der Demonstration vor der Fabrikleitung von Naftan öffentlich herausgefordert hatte. Geheimdienstler*innen können eine solche öffentliche Erniedrigung (wie sie meinen) nicht verzeihen. Das ist deren Mentalität: ‚Was glaubst du, wer du bist, dass du dich so aufführst?‘ Dieses Regime ist einfach für keinerlei Kritik zugänglich – und es reagiert auf Kritik mit Rache.


Wir sind natürlich in großer Sorge um das Schicksal von Volha, insbesondere, nachdem ihre Mutter gestorben ist und sie in Belarus keine nahen Verwandten mehr hat, die ihr ins Gefängnis Päckchen schicken könnten. Das können schließlich nur nahe Verwandte tun.

Ich kann mir vorstellen, wie schwer es Volha in der Strafkolonie ohne auch nur minimale Unterstützung hat. Wir unternehmen aber alle Anstrengungen, um sie freizubekommen: durch Druck von Seiten der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und anderer Organisationen.


P.S. Gegenwärtig verbüßen 20 Gewerkschaftsführer*innen und – aktivist*innen Haftstrafen in belarussischen Gefängnissen.


Viktoria Leontjewa


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